Wozu gibt es Parteien?

Bei unserer Petitionstour im letzten Jahr wurde ich von zwei ganz jungen JuPis in Aachen angesprochen und mir wurden ein paar schwierige bis sehr schwierige Fragen gestellt (die schwersten Fragen der ganzen Fahrt). Mein Sohn ist jetzt drei Jahre alt, ich bin also noch nicht ganz in der “Wer? Wie? Was?”-Phase, sondern bereite mich noch darauf vor. Mich freut es immer wieder “frischen Kindermund” zu hören, denn GaJuPis (ganz junge Piraten) stellen einfach andere Fragen, als wir Erwachsenen. 😉

Eine dieser Fragen lautete “Wozu brauchen wir eigentlich Parteien?”. Ich habe darüber in meinem Blogpost “Petitionstour: Fünf Tage, zehn Städte” auf der Webseite der @20Piraten berichtet und mich haben mehrere Personen – im echten Leben und auch in den Kommentaren der Webseite – angesprochen, dass meine Antwort für sie interessant sei.

Dann wollen wir mal einen kleinen Ausflug in meine persönliche Politikwissenschaft werfen… 😀

Damals(tm):

In grauer Vorzeit war es noch einfach, sich abends ans Lagerfeuer zu setzen und dort alle Probleme der Familie zu begrunzen. Wurde die Sippe zu groß oder bestand sogar aus einem “Stamm”, dann schließt man einfach die Frauen aus… und die jungen Kerle die noch kein Mammut getötet haben… und diejenigen ohne Waffen oder Pferde… ihr merkt wohin die Reise geht: Da die Distanzen zu den beteiligten Personen und die Anzahl der Bevölkerung gewachsen ist, mussten immer mehr Menschen von der Entscheidungsfindung ausgeschlossen werden, um Entscheidungen in angemessener Zeit zu fällen.

Zuletzt spitzte sich alles auf eine Person und einen Beraterstab zu: Ein Ältester, ein Häuptling, ein König oder Kaiser sollte am Ende entscheiden, wohin die Reise (geographisch und politisch) geht. In den meisten Fällen wird das eine Person gewesen sein, die genug Waffen, Nahrung oder Geld hatte, den Untertanen ihr täglich Brot sicherstellen zu können.

Als sich dann die Menschen in Städten (Rom) zusammen fassten und der Alleinherrscher (Despot) gestürzt worden war, wählte man aus “freien Männern” einen Rat. Ein Rück-Fortschritt also zu der Herrschaft der wenigen. In die Vertretung (Senat) – als Entscheidungsgremium – konnten eben nur Stadtbewohner (Römer) gewählt werden. Die Außenbezirke des Reiches hatten keinen Anspruch auf Vertretung und waren lange Zeit rechtlos, was demokratische Prozesse anging.

Später konnte man durch (Wohl)taten, Kriegserfolge etc. zum Vollbürger werden. Damit immer im Zusammenhang stand das Wahlrecht. Wir alle wissen, dass in der Folge von Cesars Ermordung sein Ziehsohn Augustus nach einem Bürgerkrieg die Macht an sich genommen hat und de facto der erste Kaiser (Cesar) war. Danach begann nicht nur für die Demokratie ein dunkles Zeitalter…

Im Laufe der Zeit gab es immer wieder Lichtblicke der Mitbestimmung. Alles in allem sollte es aber knapp 1750 Jahre dauern, bis wieder andere Personen an einer Abstimmung teilnehmen durften, als durch die Stände vorgegeben und dann evtl. sogar nur die Mitglieder des ersten und zweiten Standes (Adel und Kirchenleute). Denn erst als die Franzosen im Jahr 1789 ihren König zunächst rauswarfen und dann einen Kopf kürzer machten, forderten Sie ein allgemeines Wahlrecht für ALLE Franzosen (nunja, also Erwachsene Männer!), nicht nur die Pariser.

Schnell wurde klar, dass es im ganzen Land verschiedene Interessen gab. Da nicht jeder politisch interessierte zu jeder Zeit in der Hauptstadt sein konnte, brauchten die Leute eine Lösung, wie sie sicherstellen konnten, dass immer jemand vor Ort war, um sich für ihre Forderungen einzusetzen. Man musste sich also zu einer Gruppe zusammen schließen und die partikularen Interessen vertreten. So entstanden die Parteien nach heutigem Vorbild (also so richtig mit Programm, Wahlversprechen, Führungsgremien)…

In einer solchen Situation bildete sich wieder heraus, das Arbeitsteilung wichtig sein könnte. Schon unter den Königen der Tage zuvor hatte es Minister gegeben, die beratende Funktionen eingenommen hatten. Auch jetzt machte es Sinn, ein paar wenige Personen zu haben, die den Staat nach außen repräsentieren und dem Parlament ein paar der Gesetze zur Abstimmung vorlegen. Es macht Sinn, dass sich eine dieser Personen um Finanzen und eine andere um die Innenpolitik kümmert.

Hat man aber eine Regierung, muss diese im Parlament eine verlässliche Mehrheit haben. Ohne diese Mehrheit (Minderheitsregierung) muss für jede Entscheidung eine Mehrheit im Parlament gesucht werden. Im Grund wäre das eine gute Angelegenheit, mit der ständigen Gefahr einer Anwahl der Regierung hätte es aber für Andere keinen Sinn mehr, einen Vertrag mit dem Land/Staat einzugehen. Es bestünde ja immer die Gefahr, dass die Entscheidung für einen Vertrag von der nächsten Regierung zurückgenommen wird.

Stellen wir uns ein deutsches Parlament mit 650 Einzelvertretern vor. Jeder hat zu jedem Thema eine Meinung, die Seiten würden je nach Detail ständig wechseln. Wer wäre bereit, bei einem solchen Parlament als Regierung zu arbeiten? Wahrscheinlich niemand. Der Blick nach Italien zeigt, welches Chaos herrschen kann, wenn Parteien oft die Seiten wechseln. Man stelle sich vor, immer wieder ein Haufen Abgeordnete würden die Seiten wechseln. Multipolare Störung im Reichstag.

Solange wir also einen parlamentarischen Demokratischen Staatsaufbau haben, brauchen wir Parteien…

…und in ein paar Tagen… …ähm Wochen… …ähm Monaten… komme ich dann dazu zu schreiben, warum man Parlamente unter Umständen in dieser Form nicht mehr bräuchte!

(Das war ein historisch garantiert nicht zu 100% korrekter Text! ;))

2 Comments

  1. @HuWutze11. Mai 2014

    Aus Politikwissenschaftlicher Sicht vermutlich nicht ganz korrekt aber so gut geschrieben, dass es auf jeden Fall Inspiration für mich in der Schule ist. Danke ;o)

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  2. Nick Haflinger11. Mai 2014

    Doch, der stammespolitische Teil ist historisch weitgehend korrekt und schön erzählt.
    LG, JP

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