WP032: Migration, Integration und Umgang mit Schutzsuchenden

Was ich übrigens bei allen Anträgen von rony nicht verstehe: Modulare Abstimmung… die ganzen Texte sind auf dem letzten Parteitag schon beschlossen worden, warum jetzt nochmal modular abstimmen? Ich mag es nicht, wenn in meiner eigenen Partei die Angst regiert! 🙁

Antragstext:

Der Landesparteitag möge beschließen, den folgenden Text im Wahlprogramm 2017 im Kapitel “Migration, Integration und Umgang mit Schutzsuchenden=” an geeigneter Stelle einzufügen:

Der Antrag ist modular abzustimmen.

Migration, Integration und Umgang mit Schutzsuchenden

Modul 1 – Einwanderung

Vor dem Hintergrund der verheerenden Auswirkungen der jüngsten Wirtschafts- und Finanzkrisen sowie der durch die Europäische Kommission verhängten sogenannten Austeritätspolitik auf die Realwirtschaft und Belastbarkeit der sozialen Sicherungssysteme in zahlreichen süd- und südosteuropäischen EU-Ländern haben in den letzten Jahren vermehrt Menschen ihre Heimatländer verlassen und sich in wirtschaftlich besser dastehenden Mitgliedstaaten wie Deutschland niedergelassen. Seit Jahrzehnten ist Einwanderung in NRW ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft. Einwanderung hat NRW voran gebracht. Ohne die ehemaligen Migranten, die längst Bürger unseres Landes geworden sind, wären wir in jeder Hinsicht ärmer. Wir Piraten wollen, dass diese Realität endlich anerkannt wird und auch praktische Konsequenzen hat. Eine Politik, die auf Abschreckung setzt, hat in einem modernen Einwanderungsland ausgedient. Wir Piraten wollen eine offene und bunte Gesellschaft, die im Hinblick auf den Fachkräftemangel, den demografischen Wandel, die Zukunft unserer Sozialsysteme und die Kreativität in Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft ihre Chancen sieht und ergreift.

Modul 2 – Piraten stehen für Willkommenskultur

Um eine gelungene Integration der Einwanderer und Fluchtsuchenden zu garantieren, gilt es, gezielte Maßnahmen zu finanzieren und die hier ankommenden Menschen bei der Integration aktiv zu unterstützen. Die Willkommenskultur in Deutschland ist heute Ausdruck des notwendigen und sich beklagenswerterweise äußerst langsam vollziehenden Paradigmenwechsels hin zu „Deutschland ist ein Einwanderungsland“. Wir Piraten setzen uns dafür ein, dass die Rahmenbedingungen und Strukturen geschaffen werden, die die Annahme „Deutschland ist ein Einwanderungsland“ garantieren. Erst wenn die Menschen, die zu uns kommen, eine Bleibeperspektive haben und sich willkommen fühlen, werden sie sich so integrieren können, dass wir alle uns gegenseitig bereichern.

Modul 3 – Intensivierung des interkulturellen Dialogs

Handlungsübergreifend setzt sich die Piratenpartei NRW dafür ein, interkulturelle Kompetenz auf allen Ebenen von Verwaltung und Gesellschaft zu stärken und die interkulturelle Öffnung entsprechender Institutionen und Organisationen weiterhin zu fördern. Sensibilisierungsmaßnahmen und Maßnahmen zur aktiven Einbeziehung der Aufnahmegesellschaft, die die Akzeptanz von Zugewanderten steigern, sollen zusätzlich gefördert werden. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang präventive Projekte, die ein gewalt- und aggressionsfreies Verhalten fördern.

Integration

Modul 4 – Gleichberechtigte Teilhabe

Die gleichberechtigte Teilhabe von Zugewanderten an allen Bereichen des alltäglichen Lebens ist unsere Zielsetzung im Handlungsfeld gesellschaftliche Teilhabe und Integration. Von zentraler Bedeutung ist auch die Integration von Zugewanderten in das unmittelbare Wohnumfeld als Lebensmittelpunkt und wichtigstes Kontaktfeld. Hier spielt die Stärkung der gemeinsamen aktiven Mitgestaltung ihres Wohnumfeldes mit Angehörigen der Aufnahmegesellschaft eine große Rolle. Ein wichtiges Element der gesellschaftlichen Teilhabe besteht zudem in dem Zugang zu Informationen über konkrete Partizipationsmöglichkeiten vor Ort. Diese wollen wir fördern und ausbauen. Zur gleichberechtigten Teilhabe gehört auch ein Mitbestimmungsrecht der Zugewanderten im politischen System. Diejenigen, die ihren Lebensmittelpunkt in NRW finden sollen mittelfristig das kommunale Wahlrecht und das Recht zur Teilhabe an Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden bekommen, auch ohne die Deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. Langfristig ist ein Wahlrecht auch an Landtagswahlen anzustreben. Hier ist ebenfalls der Lebensmittelpunkt entscheidend, nicht die Staatsangehörigkeit.

Fürrede

Bis hierhin kann ich den Antrag unterstützen!

Annehmen!

Modul 5 – Deutschkurse

Wir setzen uns für die Förderung von Maßnahmen ein, die allen Flüchtlingen einen kostenlosen Deutschkurs ermöglichen. Zukünftig soll kein Flüchtling selbst die Kosten dafür tragen müssen.

Gegenrede

Warum sollten nur Flüchtlinge einen Deutschkurs bekommen? Was ist mit den anderen Migranten? Bitte stringent an ein Wording halten, damit jeder weiß was wir meinen! Entweder anpassen oderAblehnen!

Modul 6 – Ausbildung und Studium

Der Zugang zu Ausbildung und Studium für Flüchtlinge und Migranten muss gleichberechtigt ermöglicht werden, um gerade in einer alternden Gesellschaft wie der Deutschlands die Chancen durch Migration zu nutzen und Perspektiven für alle zu entwickeln. Außerdem müssen ausländische Schulabschlüsse einfacher anerkannt werden.

Modul 7 – Umgang mit Schutzsuchenden

Das Grundrecht auf Asyl ist ein Gebot der Menschlichkeit und der historischen Verantwortung. Es hat für alle Menschen uneingeschränkt Geltung – unabhängig von der Herkunft. Das Aushöhlen oder die Beschneidung der mit dem Asylrecht verbundenen Grundrechte akzeptieren wir nicht. Das gilt für den Familiennachzug, die Bezeichnung der “sicheren Herkunftsländer” oder sogenannte “Obergrenzen”. Deutschland und NRW haben kein „Flüchtlingsproblem“, sondern ein organisatorisches und mentales Problem. Vielerorts müssen Zelthallen und Containeranlagen aufgebaut werden, weil es versäumt wurde, den Voraussagen Rechnung zu tragen, die einen Anstieg der Flüchtlingszahlen seit Jahren ankündigen. Durch die Sondergesetze und deren Umsetzung wurden Schutzsuchende zudem in eine prekäre und aussichtslose Lage gezwungen. Sie erhielten wenig Rechte, lebten am Rand der Städte in Massenunterkünften und mussten viele Einschränkungen in Kauf nehmen. Diese Sonderregeln kosteten sogar mehr Geld als eine normale Eingliederung in die Sozialsysteme. Dadurch verhinderten Städte, Gemeinden, Bund und Länder geradezu, dass sich Normalität zwischen Neuankömmlingen und Altansässigen überhaupt entwickeln konnte – sie verhinderten Integration. Diskriminierende Gesetze und Sonderbehandlungen haben den Umstand befördert, dass Teile der Bevölkerung Hilfesuchende als Menschen zweiter Klasse wahrnehmen. Aus diesen Fehlern der Vergangenheit muss die deutsche Politik lernen und die richtigen Schlüsse ziehen. Struktureller Rassismus und Hürden der Zuwanderung und Flucht nach Deutschland müssen ab- statt aufgebaut werden. An dieser Aufgabe muss ab sofort gearbeitet werden, trotz der Herausforderungen durch die aktuell aufgrund der vielen Krisen in und um Europa steigenden Flüchtlingszahlen.

Modul 8 – Ministerium für Flucht, Integration und Einwanderung

Wir werden uns für ein Ministerium für Flucht, Integration und Einwanderung einsetzen, dass dafür sorgt, dass Flüchtlinge in Deutschland sicher, human und gleichberechtigt leben können. Dieses ist mit ausreichend Personal zu besetzen. Die Aufgaben des neuen Ministeriums sollen lauten: Suche nach und Bereitstellung von Unterkünften, Etablierung von Mindeststandards in ganz NRW, Sicherstellung der sozialen, rechtlichen, medizinischen und psychologischen Betreuung der in den Unterbringungseinrichtungen lebenden Flüchtlinge, Unterstützung der Kommunen bei der Vermittlung von Schul- und Kitaplätzen, Einführung von Deutschkursen als Standard und Unterstützung bei der Vermittlung in Arbeit und Ausbildung. Eine enge Zusammenarbeit mit den Trägern der Flüchtlingshilfe usw. ist dabei unverzichtbar.

Modul 9 – Mindeststandards für die Unterbringung Geflüchteter

  • Den Bewohnerinnen und Bewohner muss durch ein angemessenes Maß an Privatheit, Ansprache und Rückzugsmöglichkeiten ein Gefühl von Sicherheit, Schutz und Aufnahme gegeben werden.
  • Die notwendige soziale, medizinische, psychologische und rechtliche Betreuung und Beratung der Flüchtlinge muss durch genügend qualifiziertes Personal in den Landesaufnahmen, aber auch in den Kommunen sichergestellt sein.
  • Die Beschäftigung von qualifiziertem und pädagogisch geschultem Personal hat jeweils Vorrang gegenüber der Einstellung von Sicherheitspersonal.
  • Hygienestandards, gemessen an den Empfehlungen für Gemeinschaftseinrichtungen für Erwachsene des Infektionsschutzgesetzes, sind in einem Musterhygieneplan festzulegen und anzuwenden.
  • Deutschkurse sollen von Anfang an angeboten und ein wichtiges Element des Betreuungsangebotes werden.
  • In jedem Heim muss es ein Beschwerdemanagement geben.
  • Die Bewohnerinnen und Bewohner der Heime haben das Recht einen Beirat mit Empfehlungs- und Beanstandungsrechten zu gründen.
  • Ausstattung, Zustand und Umfeld der Unterbringung müssen den Standards des sozialen Wohnungsbaus entsprechen.
  • Ausreichend Möglichkeiten zur Kommunikation wie etwa ein freier Zugang zum Internet sollen zur Verfügung gestellt werden, um unter anderem den Kontakt mit Angehörigen in der Heimat halten zu können.

Modul 10 – Dezentrale Unterbringung von Geflüchteten

Die Piratenpartei NRW zieht die dezentrale Unterbringung in Wohnungen von Flüchtlingen der Unterbringung in Sammelunterkünften vor, da erstere die soziale Isolation und Stigmatisierung von Flüchtlingen in den Gemeinden beendet. Auch die Akzeptanz seitens der einheimischen Bürger wird durch dezentrale Unterbringung gefördert. Das Leverkusener Modell hat bundesweit Vorbildcharakter und bewährt sich seit mehr als zehn Jahren. Die freie Wahl des Wohnortes ist für Geflüchtete, so weit irgend möglich, sicherzustellen. Zwangsmaßnahmen, wie Wohnsitzauflagen sind abzulehnen. Sie entsprechen nicht dem piratigen Menschenbild und widersprechen, den von Deutschland ratifizierten, internationalen Verträgen auf EU- und UN-Ebene.

Modul 11 – Strukturellem Rassismus und Hürden der Zuwanderung entgegenwirken

Die Piratenpartei NRW setzt sich dafür ein, dass struktureller Rassismus und Hürden der Zuwanderung und Flucht nach Deutschland und NRW ab- statt aufgebaut werden. Wir bekennen uns zur eigenen politischen Verantwortung gegenüber Migranten und Schutzsuchenden und wirken auf eine menschenwürdige Aufnahme und Akzeptanz im Land und den 396 Kommunen in Nordrhein-Westfalen hin.

Antragsbegründung:

http://wiki.piratenpartei.de/NRW:Landesparteitag_2016.1/Antr%C3%A4ge/PaP004.2

Dazwischen(ge)rede

Schwieriges Thema, ich muss etwas ausholen:

Der Antragstext unterscheidet mir zu wenig zwischen Einwanderung und Flucht. “Migranten” sind alle, die Gründe der Migration allerdings unterschiedlich. Wer das Grundrecht auf Asyl schützen will, muss eben auch mit den Folgen leben, wenn dieses Grundrecht jemandem nicht zusteht. (keine Arbeitserlaubnis, eingeschränkte Rechte, Abschiebung)

Ich bin der Überzeugung, dass wir als Gesamtpartei noch einmal mit uns in Klausur gehen müssen, ob wir eine grundsätzliche “Open Borders”-Politik wollen und alle zu uns Kommenden gleich behandeln wollen oder wir unterscheiden zwischen Flüchtling (evtl. eben auch aus wirtschaftlichen Gründen und damit ohne Anspruch auf Asyl) und Arbeitsmigration in bestimmten Grenzen.

Ich persönlich glaube, dass diese Frage eine der grundlegenden seit Jahren in der bundesdeutschen Politik dartstellt und mit den entsprechenden Flankierungen in der Entwicklungshilfe (rauf!) und bei den Waffenexporten (runter!) usw. gedacht werden muss.

Vielleicht bin ich aber auch einfach zu sehr Realo… 😉

Annehmen!

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